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Woran erkenne ich eine Rechenstörung?

Erste Anzeichen einer Rechenstörung im Vorschulalter

 

Auch wenn die Diagnose einer Rechenstörung im Vorschulalter noch nicht möglich ist, finden sich oftmals bereits erste Anzeichen für spätere Schwierigkeiten beim Rechnen lernen.

Typische Schwierigkeiten im Vorschulalter

  • Vergleichen von zwei Mengen: Den Kindern fällt es schwer anzugeben, welche Menge größer bzw. kleiner ist (z. B. ●●●●●● ist mehr als ●●●●●)

  • Zuordnen von Mengen zu Zahlen und andersrum (z. B. ●●● und 3)

  • Abzählen einer Anzahl von Objekten und bestimmen der Menge (Verstehen von Zählprinzipien, insbesondere des sogenannten Kardinalitätsprinzips, das besagt, dass die zuletzt genannte Zahl beim Abzählen die Menge repräsentiert)

  • Zählen

Fingerzahlen
mathematische Symbole
Ziffern

Typische Anzeichen im Grundschulalter

 

Alle Kinder machen anfangs Fehler beim Rechnen. Für eine Rechenstörung ist entscheidend, welche Fehler ein Kind macht, und vor allem, wie oft und langanhaltend die Fehler auftauchen. Eine Rechenstörung liegt vor, wenn:

  • Die Fehleranzahl im Vergleich mit Kindern der gleichen Schulstufe über einen langen Zeitraum deutlich höher ist

  • Und es dafür keine offensichtliche Erklärung gibt (wie z. B. eine unzureichende Beschulung oder geringe Deutschkenntnisse, sodass dem Unterricht nicht gefolgt werden kann)

Kinder mit einer Rechenstörung verfügen über eine normale allgemeine Lernfähigkeit (Intelligenz). Allerdings sind bei betroffenen Kindern meist gewisse Basiskompetenzen unzureichend entwickelt, weshalb sie Schwierigkeiten beim Rechnen haben.

Typische Anzeichen beim Rechnen

 

  • Zählen (z. B. Vorwärtszählen, Rückwärtszählen, in Schritten zählen)

  • Verbindung von Menge und Zahl (z. B. ●●● und 3)

  • Zerlegen einer Menge in zwei Teilmengen

  • Bestimmen der Position einer Zahl auf dem Zahlenstrahl

  • Vergleichen von zwei Zahlen (welche ist größer bzw. kleiner, z. B. 9 ist größer als 6)

  • Abspeichern und automatisches Erinnern der Ergebnisse einfacher Rechenaufgaben (z. B. Einmaleins)

  • Transkodieren, d. h. Lesen und Schreiben von Zahlen. Im Deutschen ist das Transkodieren erschwert durch die Einer-Zehner-Inversion (z. B. 17 = siebzehn und nicht zehnsieben)

  • Stellenwertsystem (z. B. bei der Zahl 123 steht die 1 für ein Hunderter, die 2 für zwei Zehner, und die 3 für drei Einer)

  • Verstehen von Rechenarten (plus, minus, mal, geteilt) und erkennen des Zusammenhangs von Rechenoperationen (z. B. 2 x 5 entspricht 5 + 5).

  • Rechenstrategien anwenden (z. B. 2 + 5 = 5 + 2)

  • Übergang vom zählenden Rechnen zu nicht-zählenden Rechenstrategien

  • Fingerrechen ist kein unmittelbares Anzeichen einer Rechenstörung. Kinder nutzen am Anfang beim Rechnen ihre Finger als visuelles Hilfsmittel und Merkhilfe. Erst wenn sie ab Klasse 3 selbst bei leichten und bekannten Rechenaufgaben ihre Finger immer noch verwenden, kann dies auf Rechenschwierigkeiten hindeuten.

  • Effizienz beim Lösen basaler Rechenoperationen und in der Zahlenverarbeitung (z. B. Zahlenvergleich)

  • Übergang in größere Zahlenräume (z. B. Hunderterraum)

  • „Entschlüsseln“ von Textaufgaben (z. B. Max hat zwei Äpfel. Anne hat drei Äpfel mehr als Max. Wieviel Äpfel hat Anne?)

 

Im Jugend- und Erwachsenenalter können Personen mit Rechenstörung basale Rechenoperationen meist richtig lösen, die Effizienz beim Rechnen ist aber oft reduziert, d. h. Personen mit einer Rechenstörung brauchen oft deutlich mehr Zeit zum Lösen der Aufgaben als Personen ohne Rechenprobleme. Viele Erwachsene mit einer Rechenstörung berichten auch im Erwachsenenalter noch Probleme mit dem Einschätzen von Mengen und Größen (Einwohner in einer Stadt/Land), mit Rechnungen in großen Zahlenräumen, mit dem Einmaleins und mit Textaufgaben.

Wie hilft die Schule?

Erste Anlaufstelle Schule

 

Sprechen Sie bitte zunächst die Lehrkraft an, die den Mathematikunterricht in der Klasse Ihres Kindes gibt, wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind anhaltende Schwierigkeiten beim Rechnen hat oder eine Rechenstörung vorliegen könnte. Aufgrund der Kenntnis des Lernstandes der Klasse ist es der Lehrkraft möglich, eine erste fundierte Einschätzung zu geben. Sieht auch die Lehrkraft, dass Ihr Kind typische Anzeichen einer Rechenstörung zeigt, so besprechen Sie mit der Schule die nächsten Schritte.

 

Folgende nächste Schritte sind möglich:

  • Der schulpsychologische Dienst untersucht das Kind und gibt eine Einschätzung, ob anhaltende Schwierigkeiten beim Rechnen bestehen und welche Unterstützungsmaßnahmen notwendig sind.

  • Die Lehrkraft und die Schulleitung entscheiden, ob die Rechenprobleme so gravierend sind, dass eine zusätzliche Förderung notwendig ist, ein Nachteilsausgleich und/oder ein Notenschutz gewährt wird. Während eine zusätzliche Förderung stets erfolgen sollte, hängt die Umsetzung und das Gewähren von Nachteilsausgleich und Notenschutz von den Regelungen der einzelnen Bundesländer ab.

  • Eine amtlich anerkannte Diagnose einer Rechenstörung nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann zusätzlich eingeholt werden. Sie ist unter Umständen hilfreich, damit das betroffene Kind in der Schule weitere Unterstützung und Förderung erhält.

Förderung, Nachteilsausgleich und andere Benotung in der Schule

 

Bildung ist Ländersache. Wie Ihr Kind in der Schule unterstützt wird, hängt daher vom jeweiligen Bundesland und der Schule selbst ab. In manchen Bundesländern gibt es gesetzliche Erlasse für den Umgang mit einer Rechenstörung. Im Gegensatz zur Lese-Rechtschreibstörung existieren Erlasse zur Rechenstörung jedoch nur in einzelnen Bundesländern und sind meist auf das Grundschulalter beschränkt. Die Erlasse regeln, welche Unterstützung Ihrem Kind in welchen Jahrgangsstufen zusteht.

 

Weitere Informationen finden Sie auch auf den Webseiten der Kultusministerien Ihres jeweiligen Bundeslands. Letztlich entscheidet die Schule bzw. die Schulleitung, was im Einzelfall getan wird. Grundsätzlich ist jede Schule verpflichtet, ihre Schülerinnen und Schüler individuell bestmöglich zu fördern. Wenden Sie sich daher zuerst an die Schule.

Schulische Unterstützungsmöglichkeiten

 

Die meisten Unterstützungsmöglichkeiten, die Ihr Kind in der Schule erhält, sind auf ein Schuljahr beschränkt und müssen für jedes Schuljahr neu genehmigt werden. Zunächst werden meist unterrichtsdidaktische Methoden angewandt, um das Kind zu fördern. Spezifische schulische Förderangebote gibt es in Abhängigkeit von den personellen Kapazitäten und den jeweiligen Regelungen der Bundesländer. Grundsätzlich lassen sich drei Arten von schulischen Maßnahmen unterscheiden: Individuelle Unterstützung, Nachteilsausgleich und Notenschutz.

(1) Individuelle Unterstützung:

 

Um eine individuelle Unterstützung zu planen und den Erfolg der durchgeführten Maßnahmen später überprüfen zu können, wird für Ihr Kind ein Förderplan erstellt. Dieser enthält die Maßnahmen, die umgesetzt werden sollen. Zu diesen Fördermöglichkeiten gehört zunächst einmal, dass der Unterricht an den Lernstand des Kindes angepasst wird. Ist dies nicht ausreichend, wird manchmal auch die Teilnahme an einem Förderkurs geplant. Seltener wird dies auch als Einzelförderung durchgeführt. Bei einem Förderkurs werden Vorläuferkompetenzen und basale Kompetenzstufen des Schriftspracherwerbs trainiert, um die Grundlagen zu schaffen und Lernlücken zu schließen. Solche Kurse werden von einer Lehrkraft oder dafür ausgebildeten Fachkraft durchgeführt, die auf den Umgang mit Rechenstörung spezialisiert ist. Art, Inhalt und Umfang der Förderung können sich stark von Schule zu Schule unterscheiden.

 

Zusätzlich zur individuellen Unterstützung kann Nachteilsausgleich und Notenschutz gewährt werden. Die Gewährung von Nachteilsausgleich und insbesondere von Notenschutz ist bei der Rechenstörung aktuell aber eher die Ausnahme.

 

Folgende Maßnahmen sind im Unterricht möglich:

Wanduhr

Pädagogische Maßnahmen

  • Anpassen des Schwierigkeitsniveaus des Unterrichts und der Hausaufgaben an den Lernstand des Kindes

  • Reduzierung des Aufgabenumfangs

  • Anregungen für das häusliche Lernen

  • Motivierende Maßnahmen durch Erfolgserlebnisse

  • Das Gewähren zusätzlicher Pausen

Jubelndes Mädchen am Computer
Taschenrechner
Junge mit Lupe blickt über ein Formular

Technische Hilfsmittel

  • Verwenden eines Rechenschiebers oder Taschenrechners

  • Hinzuziehen von Lern- und Förder-Apps

  • Nutzung von Veranschaulichungsmaterialien

Abakus
Smartphone in der Hand

(2) Nachteilsausgleich:

 

Maßnahmen des Nachteilsausgleichs beziehen sich auf die Bewertung der Rechenleistungen, also auf Prüfungssituationen, wie das Schreiben von Tests, Arbeiten, und anderweitigen Lernproben, die bewertet werden. Der Nachteilsausgleich ist dazu gedacht, während der Prüfungssituation den Nachteil, den ein Kind durch die Rechenstörung hat, so gut es geht auszugleichen. Dabei wird nicht von den Bewertungsmaßstäben abgewichen. Das bedeutet, dass die Leistungen genauso beurteilt werden, wie bei allen anderen Kindern. Nur die Testsituation wird anders gestaltet. Ein Nachteilsausgleich darf nicht im Zeugnis vermerkt werden.

 

Folgende Maßnahmen sind innerhalb von Prüfungssituationen möglich:

  • Pädagogische Maßnahmen

    • Aufgabenvorlagen werden „rechenfreundlich“ gestaltet: z. B. größere Schrift, Platz zum Aufschreiben von Nebenrechnungen, Papier mit Rechenkästchen statt Blankopapier, größere Darstellung von Tabellen und Geometrieaufgaben, farbiges Markieren der Rechenzeichen

    • Mehr Bearbeitungszeit oder weniger Aufgaben eines Aufgabentyps

    • Individuelle Pausenregelung

    • Mündliche Zeitorientierungen (regelmäßige Ansage der noch zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit)

    • Hilfestellung beim Lesen bzw. der Erläuterung der Aufgabenanforderung

  • Technische Hilfsmittel

    • Taschenrechner (teilweise jedoch nicht in Mathematik zulässig, sondern nur in Naturwissenschaften)

    • Einmaleins-Tabelle (wenn dies nicht der Inhalt der Leistungsbewertung ist)

    • Veranschaulichungsmaterial

  • Veränderte Leistungserbringung

    • Prüfungen in gesonderten Räumen in ruhiger Umgebung

    • Schreiben in Einzel- oder Kleingruppensituation

    • Mehr Bearbeitungszeit

    • Nutzen der vielfältigen Bewertungsmöglichkeiten (Referat, Plakaterstellung, Mappe usw.)

(3) Notenschutz:

 

  • Der Notenschutz bezieht sich auf die Bewertung der Rechenleistungen. Der Unterschied zum Nachteilsausgleich besteht darin, dass beim Notenschutz von den Bewertungsmaßstäben abgewichen wird: Das bedeutet, dass die Leistungen eines Kindes anders oder sogar gar nicht bewerten werden. Der Notenschutz wird im Zeugnis vermerkt.

 

Maßnahmen des Notenschutzes werden nur angewendet, wenn Maßnahmen der individuellen Unterstützung und des Nachteilsausgleichs nicht ausreichen. Bei vorliegenden Rechenschwierigkeiten ist der Notenschutz zudem auf die Grundschulzeit beschränkt, wenn er überhaupt vorgesehen ist. Die Entscheidung über die Gewährung von Notenschutz ist in den einzelnen Bundesländern nämlich unterschiedlich geregelt. Wenn der Notenschutz Anwendung findet, genügt dazu teilweise die Zustimmung der Klassen- und Schulleitung, teilweise ist dafür aber auch ein Nachweis der Diagnose einer umschriebenen Rechenstörung erforderlich.

 

Folgende Maßnahmen sind bei der Bewertung von Leistungen möglich:

  • Die reguläre Note wird durch eine beschreibende Bewertung in Form eines Textes der Lehrkraft ersetzt oder ergänzt

  • Rechenfehler werden vermerkt, aber nicht bewertet

  • Die Benotung wird für einen bestimmten Zeitraum komplett ausgesetzt

Zusätzliche psychische Belastungen (Komorbiditäten)

 

Kinder mit Rechenstörung erleben häufiger Misserfolge in der Schule als andere Kinder. Insbesondere vor Tests und Prüfungen kann es vorkommen, dass sie vermehrt über Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Übelkeit klagen. Traurigkeit oder auch aggressives und gereiztes Verhalten können im Zusammenhang mit Mathematik ebenso vermehrt auftreten.

 

Auch besteht die Gefahr, dass betroffene Kinder generell die Lust an der Schule verlieren, weil sie dort viele schlechte Erfahrungen machen. Sie möchten dann nicht mehr lernen und versuchen, Leistungssituationen komplett aus dem Weg zu gehen. Langfristig können Kinder eine Mathematik- und Prüfungsangst entwickeln. Spezifische Mathematikängste treten bei Personen mit einer Rechenstörung in etwa doppelt so häufig auf wie in der Allgemeinbevölkerung.

 

Etwa jedes dritte Kind mit einer Rechenstörung hat zusätzlich besondere Lernschwierigkeiten beim Lesen und/oder beim Rechtschreiben. Bisweilen zeigen sich auch Aufmerksamkeitsdefizite bzw. Hyperaktivitätsprobleme (ADHS). Bei einer professionellen Diagnostik der Rechenstörung sollte daher standardmäßig überprüft werden, ob zusätzlich andere Störungen, wie eine Lese- und /oder Rechtschreibstörung (LRS) oder eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vorliegen.

Unzureichende Förderung in der Schule

Was mache ich, wenn die Förderung in der Schule nicht ausreicht?

Wenn die individuelle Förderung in der Schule keine Besserung bei Ihrem Kind zeigt, ist zu klären, ob zusätzlich eine außerschulische Lerntherapie erforderlich ist. Spätestens dann sollte eine ausführliche Diagnostik nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt werden. Geprüft wird dabei, ob eine Rechenstörung gemäß der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“, kurz „ICD-10“ vorliegt. Nur mit einer solchen Diagnose kann versucht werden, eine Übernahme der außerschulischen Therapiekosten beim Jugendamt zu beantragen. In einigen Fällen ist eine solche Diagnose auch für die Schule erforderlich, damit das Kind beispielsweise einen Nachteilsausgleich erhält.

 

Diagnostik nach ICD-10

 

Die ICD-10 ist ein Klassifikationssystem, in dem alle körperlichen Krankheiten und psychischen Störungen und ihre Symptome mit diagnostischen Kriterien beschrieben werden. Hier drin befindet sich im Kapitel für psychische Erkrankungen auch die Kategorie „Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“, in der neben der Rechenstörung auch die LRS und die Kombination aus beiden Lernstörungen aufgeführt werden.

  • In Deutschland wird die ICD-10 nicht nur im Gesundheitssystem verwendet, um Diagnosen zu vergeben. Auch in anderen Bereichen unseres Sozialsystems wird auf die ICD-10 zurückgegriffen, wenn es um den Nachweis von Krankheiten geht. Deshalb kann die ICD-10 auch bei der Feststellung einer Rechenstörung eine entscheidende Rolle spielen, zumindest wenn Förder- und Therapiemaßnahmen an eine solche rechtlich anerkannte Diagnose gebunden sind.

 

Zuständigkeiten: Wer führt die Diagnostik nach ICD-10 durch?

 

Psychologisch-psychiatrische Fachkräfte stellen die Diagnose einer RS. Zur Terminvereinbarung können Sie sich an die folgenden Stellen wenden:

 

  • Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie

Ablauf der Diagnostik

 

Die Untersuchung gliedert sich grob in drei Teile:

1) Gespräch mit Eltern und Kind

 

Ziel des Gesprächs ist es, die bisherige Entwicklung Ihres Kindes zu erfassen, und die aktuelle Situation in der Schule, zu Hause und innerhalb der Familie kennenzulernen. Dabei werden die individuellen Belastungen des Kindes und der Eltern erfasst und die konkreten Probleme im Rechnen genauer erfragt. Liegen psychische Belastungen, ausgelöst durch die Lernprobleme Ihres Kindes, bei Ihnen und bei Ihrem Kind vor, sollten Sie diese unbedingt berichten.

2) Medizinische Untersuchung

 

Anhand einer körperlichen Untersuchung wird überprüft, ob Ihr Kind ausreichend gut sieht und hört. Auch wird untersucht, ob nicht andere Erkrankungen vorliegen, die womöglich für die Rechenprobleme verantwortlich sein können.

3) Testpsychologische Untersuchung

 

Die testpsychologische Untersuchung wird meistens von Psychologinnen und Psychologen durchgeführt. Ihr Kind bearbeitet dabei standardmäßig einen Intelligenztest und einen Rechentest. Anhand des Intelligenztests wird überprüft, ob eine Intelligenzbeeinträchtigung (Intelligenztest) als Ursache für die Rechenprobleme in Frage kommt.

Mit dem Rechentest wird ermittelt, wie groß die Probleme im Rechnen im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern sind. Da Lese-/Rechtschreibprobleme häufig zusätzlich auftreten, ist es sinnvoll, auch die Lese- und Rechtschreibfertigkeiten zu überprüfen.

  • Psychische Belastungen, wie z. B. Ängste, traurige und gedrückte Stimmung, körperliche Unruhe und Hyperaktivität werden im Rahmen der Untersuchung genauer betrachtet. Liegen psychische Belastungen (Komorbiditäten) vor, wird die Ausprägung der Belastungen oft mit Fragebögen erfasst, die die Eltern (und ältere Kinder auch selbst) ausfüllen. Liegt eine psychische Belastung oder Erkrankung vor, sollte diese unbedingt im Behandlungsplan berücksichtigt werden.

 

Die Untersuchungen finden meist an mehreren Terminen statt. Liegen Voruntersuchungen vor, insbesondere Dokumente aus der Schule über die Lernentwicklung, sollten diese unbedingt zur Untersuchung mitgebracht werden. Alle Ergebnisse werten die Fachkräfte aus und bewerten mit Ihnen gemeinsam die Befunde. Darauf aufbauend werden die Empfehlungen für die Förderung und Behandlung entwickelt.

Kostenübernahme der Untersuchung

 

Die Kosten der ärztlichen Untersuchung werden von der Krankenkasse übernommen. Bei der Rechenstörung handelt es sich um eine ICD-10 Diagnose, deren Feststellung von gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen wird. Im Gegensatz dazu wird die Förderung im Bereich Rechenstörung nicht von den Krankenkassen übernommen, wohl aber die Kosten für die Behandlung der begleitenden psychischen Erkrankungen, wie z. B. einer Angststörung oder Depression (Komorbiditäten).

 

Oftmals finden Untersuchungen zur Rechenstörung im Rahmen einer Überprüfung nach Paragraph 35a des Sozialgesetzbuch VIII (Paragraph 35a SGB VIII) statt. Dabei wird geklärt, ob die Belastungen durch die Rechenstörung so groß sind, dass bei Ihrem Kind die „gesellschaftliche Teilhabe“ beeinträchtigt oder gefährdet ist. In dem Fall greift die Eingliederungshilfe und die Kosten für Maßnahmen, zu denen oft die Lerntherapie gehört, werden von der Jugendhilfe nach einem Antragsverfahren übernommen.

Welche Förderung ist bei einer Rechenstörung effektiv?

 

Bei einer Rechenstörung reicht allein die Förderung in der Schule nicht aus, um die Schwierigkeiten Ihres Kindes zu beheben. Es sollte eine Lerntherapie in Anspruch genommen werden.

 

Lerntherapie“ ist allerdings ein ungeschützter Begriff, sodass im Einzelfall geprüft werden sollte, ob die Förderung auch nach den empfohlenen Methoden der Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung bei der Rechenstörung (S3-Leitlinie) erfolgt. Dies ist für Eltern häufig nicht ganz einfach zu prüfen. Ein Hinweis dafür ist die Qualifizierung der Person, die die Förderung anbietet: Liegen Zertifikate von anerkannten Verbänden wie dem BVL oder dem FiL vor, ist dies bereits ein Qualitätsmerkmal.

 

Kennzeichen von empfohlener Förderung ist, dass sie systematisch aufgebaut ist und sich theoretisch an Entwicklungsmodellen des Rechnens (Entwicklungsmodell Rechnen) orientiert. Dies bedeutet, dass auf der Basis der individuellen Diagnostik Schritt für Schritt die einzelnen Entwicklungsstufen des Rechnens erarbeitet werden, beginnend bei den so genannten Basiskompetenzen. Geübt werden z. B. Aufgaben, die das Mengen- und Zahlenverständnis fördern.

 

Nicht effektiv bei einer Rechenstörung sind Förderungen, bei denen nicht das Rechnen oder die notwendigen Basiskompetenzen geübt werden, sondern stattdessen versucht wird, ganz allgemeine kognitive Funktionen zu trainieren. Dazu zählen beispielsweise Programme, bei denen hauptsächlich die visuelle Wahrnehmung oder das Arbeitsgedächtnis trainiert werden.

 

Es gibt keine Medikamente oder homöopathische Behandlungen, die bewirken, dass Ihr Kind das Rechnen lernt. Auch hilft Nachhilfe zwar bei mathematischen Wissenslücken, nicht aber bei einer Rechenstörung.

 

Sie können mit einer nicht-effektiven Förderung sogar einen unerwünschten Effekt auslösen. Wenn Ihr Kind mit den falschen Programmen übt oder mit Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten arbeitet, die wenig über Rechenstörung wissen (häufig bei üblichen Nachhilfeangeboten), bleiben die Erfolgserlebnisse Ihres Kindes in der Schule aus. Es verliert nach und nach die Lust auf weitere Förderung.

Die richtige Lerntherapeutin oder der richtige Lerntherapeut

 

Vielen Kindern mit Rechenstörung hilft nur eine Lerntherapie, die von einer qualifizierten Lerntherapeutin oder einem qualifizierten Lerntherapeuten durchgeführt wird. Der Begriff „Lerntherapeutin oder Lerntherapeut“ ist jedoch nicht geschützt. Das heißt, Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten haben keine einheitliche Ausbildung und unterscheiden sich daher in ihrem Wissen und in ihrer Qualifikation. Geeignete Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten erfüllen zwei Bedingungen:

Erforderliche Qualifikationen

Vorqualifikation:

Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten sollten eine gute fachliche Vorqualifikation für den Bereich Lernentwicklung und Lernstörungen bei Kindern und Jugendlichen haben (z. B. Studium Psychologie, Lehramt, Pädagogik, Sprachtherapie).

Zertifizierte Weiterqualifikation:

Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten sollten nachweisen, dass sie im Umgang mit Kindern mit LRS geschult sind. Der Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e. V. (BVL) und der Fachverband für integrative Lerntherapie e. V. (FiL) bieten beispielsweise Weiterbildungsgänge an. Ebenso gibt es Studiengänge zur Lerntherapie an Hochschulen. 

Sie finden geeignete Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten auf den Websites des BVL und des FiL. Beide Verbände haben Standards für die Weiterbildung entwickelt.

 

Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten arbeiten entweder in eigener Praxis oder sie gehören einer Arbeitsgruppe bzw. einem Institut an, die es an verschiedenen Orten in Deutschland gibt. Eventuell haben diese Institute eigene Ausbildungsstandards für Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten.

 

Wichtig: Jugendämter haben oft einen Katalog, welche Kriterien eine Lerntherapeutin oder ein Lerntherapeut erfüllen muss, damit sie die Therapiekosten übernehmen. Sie sollten daher die Lerntherapeutinnen- und Lerntherapeutenwahl vorab mit dem Jugendamt klären, wenn die Therapie im Rahmen der Eingliederungshilfe stattfindet (Paragraph 35a SGB VIII).

Dauer und Kostenübernahme einer Lerntherapie

Wie lange dauert eine Lerntherapie und wer übernimmt die Kosten?

Dauer und Verlauf einer Lerntherapie

 

Eine Lerntherapie kann mehrere Jahre dauern, und in dieser Zeit gibt es oftmals Hochs und Tiefs. So zeigen sich bisweilen schnelle Lernfortschritte, die dann abgelöst werden von Phasen mit geringerem Fortschritt. Parallel zur Lerntherapie findet auch der reguläre Mathematikunterricht statt, in dem Ihr Kind mit schwierigen Inhalten konfrontiert wird. Frust und Unlust sind daher nicht unüblich. Therapeutinnen oder Therapeuten müssen mit Ihrem Kind oft auch Geschehnisse aus der Schule aufarbeiten (z. B. schlechte Noten), bevor überhaupt mit der eigentlichen Förderung begonnen werden kann. Für einen guten Verlauf einer Lerntherapie kommt es daher auch auf die gute Beziehung zwischen Ihrem Kind und der Therapeutin oder dem Therapeuten an.

 

Kosten und finanzielle Unterstützung

 

Die Kosten für eine Lerntherapieeinheit sind sehr unterschiedlich. Soweit bekannt liegen sie zwischen ca. 30 und 80 Euro. Üblich ist eine Fördereinheit pro Woche, wobei eine intensivere Förderung oft sehr hilfreich wäre. Die Kosten der Lerntherapie werden nicht von der Krankenkasse übernommen.

 

Es gibt zwei Möglichkeiten, damit Sie die Therapie nicht selbst zahlen müssen, die jedoch nur in manchen Fällen greifen:

 

1) Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII

 

Sie stellen beim Jugendamt einen Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII. Sie müssen dann nachweisen, dass Ihr Kind wegen der Rechenstörung zusätzliche psychosoziale Belastungen (z. B. ausgeprägte emotionale Probleme in Folge der Lernstörung) hat und deswegen im schulischen und persönlichen Alltag sehr eingeschränkt ist (z. B. Schulangst führt zu eingeschränktem Schulbesuch).

 

Jugendamt

Das Jugendamt prüft auf der Basis der vorliegenden Befunde, ob folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die seelische Gesundheit des Kindes (z. B. emotionales Befinden) weicht seit mehr als 6 Monaten vom alterstypischen Zustand ab.

  • Die Teilhabe Ihres Kindes an der Gesellschaft ist dadurch bereits beeinträchtigt oder wird in Zukunft beeinträchtigt sein

 

Antrag stellen

  • Sie setzen sich mit dem zuständigen Jugendamt in Verbindung und besorgen sich die notwendigen Formulare. Jedes Jugendamt hat hier ein eigenes Vorgehen. Eventuell ist bereits ein erstes Beratungsgespräch beim Jugendamt notwendig.

  • Es wird ein ärztliches Gutachten nach § 35 a SGB VIII erstellt. Das Gutachten wird von kinder- und jugendpsychiatrischen oder -psychologischen Fachkräften erstellt. In dem Gutachten wird festgestellt, dass die seelische Gesundheit und die Teilhabe Ihres Kindes an der Gesellschaft wegen der Rechenstörung beeinträchtigt ist.

  • Manche Jugendämter erfordern zusätzlich einen Nachweis der Schule, dass die schulische Förderung nicht ausreicht, um die Rechenschwierigkeiten des Kindes zu verbessern.

  • Der Antrag, das ärztliche Gutachten und gegebenenfalls die Bestätigung der Schule werden beim Jugendamt eingereicht. Eventuell ist hierfür ein Termin notwendig. Das Jugendamt prüft nun, ob die Voraussetzungen für Eingliederungshilfe erfüllt sind.

  • Sind die Voraussetzungen erfüllt, können die Kosten einer Lerntherapie übernommen werden. Sie erfahren vom Jugendamt, wie viele Lerntherapiestunden bewilligt werden. Auch werden Sie informiert, bei welchen Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten oder Instituten Ihr Kind die Lerntherapie durchführen kann.

Wurde bereits eine Lerntherapie durchgeführt, erfolgt erst eine Prüfung, ob eine weitere Lerntherapie notwendig ist:

Prüfung nach der Lerntherapie

Kurz vor Abschluss der vom Jugendamt bewilligtem Therapiestundenanzahl informiert die Lerntherapeutin oder der Lerntherapeut das Jugendamt über die durchgeführte Therapie und darüber, welche Verbesserungen erzielt wurden. Auch gibt die Lerntherapeutin oder der Lerntherapeut eine Einschätzung, ob eine weitere Förderung notwendig ist.

Hat sich die Gesamtsituation Ihres Kindes nicht gebessert, so können vom Jugendamt auch psychotherapeutische Behandlungen empfohlen werden (z. B. Behandlung einer Angststörung, falls Ihr Kind spezifische Ängste vor dem Lesen und/oder Rechtschreiben zeigt). Dem zugrunde liegt die Annahme, dass eine Lerntherapie allein nicht die beeinträchtigte seelische Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe Ihres Kindes verbessern kann, weswegen andere Maßnahmen empfohlen werden.

Bei einem Termin im Jugendamt bewerten die Jugendamtsmitarbeitenden, ob sich der Gesamteindruck Ihres Kindes gebessert hat. Jedes Jugendamt hat hier eigene Vorgehensweisen. Manche Jugendämter sprechen nur mit Ihnen und Ihrem Kind. In anderen Jugendämtern ist auch nochmal ein ärztliches Gutachten notwendig (siehe Lernstörungen nach ICD-10).

Jugendamtmitarbeiter spricht mit Mutter und ihrem Kind
Psychotherpeutin telefoniert
Schreibwaren
Wanduhr

2) Bildungs- und Teilhabepaket

 

Sie beantragen für Ihr Kind eine Lernförderung gemäß dem Bildungs- und Teilhabepaket. Sie weisen damit nach, dass der Lernfortschritt Ihres Kindes gefährdet ist, die Schule keine ausreichenden Fördermöglichkeiten hat und Sie selbst nicht genug Geld für eine zusätzliche Förderung verdienen.

 

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

 

  • Ihr Kind ist unter 25 Jahre alt und besucht eine allgemein- oder berufsbildende Schule. Es darf noch kein eigenes Einkommen (z. B. im Rahmen der Berufsausbildung) haben.

  • Sie beziehen mindestens eine der folgenden Leistungen: Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II (Hartz IV), Sozialgeld, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Wohngeld oder Kinderzuschlag.

 

Antrag stellen

 

  • Sie besorgen sich das Antragsformular von dem Amt, von dem Sie Leistungen beziehen. Beziehen Sie Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, ist das Jobcenter zuständig. Beziehen Sie Sozialhilfe, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Wohngeld oder Kinderzuschlag, ist das Sozialamt zuständig.

  • Gemeinsam mit der Schule wird der Antrag ausgefüllt. Die Schule muss zwei Dinge dabei bestätigen:
    1. Ihr Kind wird aufgrund der Rechenstörung die wesentlichen Lernziele nicht erreichen. Eventuell ist auch die Versetzung in die nächste Klassenstufe nicht möglich.
    2. Weder die schulischen Förderangebote noch die kostenfreien Förderangebote außerhalb der Schule reichen aus, damit Ihr Kind die Lernziele erfüllt. Es hilft folglich nur eine Lerntherapie.

  • Sie recherchieren bereits eine geeignete Förderung. Sie suchen nach einer Praxis für Lerntherapie und ermitteln, was eine Fördereinheit dort kostet.

  • Der Antrag, die Bestätigung der Schule sowie sämtliche Informationen zur geplanten Lerntherapie werden eingereicht.

  • Wird der Antrag bewilligt, erhalten Sie einen Bildungsgutschein. Den Gutschein können Sie direkt der Lerntherapeutin oder dem Lerntherapeuten geben, wenn die Förderung beginnt. Er/sie rechnet dann die Stunden selbst mit dem Amt ab.
    Wird der Antrag nicht bewilligt, so lohnt es sich, Widerspruch einzulegen. Ämter bewilligen die Förderung oft nur, wenn die Versetzung in die nächste Klassenstufe bedroht ist. Mittlerweile wurde jedoch in einem Urteil festgestellt, dass es nicht ausschließlich um die Versetzung geht, sondern darum, dass Kinder ausreichend gut rechnen können.

Umgang mit Begleiterscheinungen (Komorbiditäten)

 

Komorbiditäten und zusätzliche Belastungen stellen eine enorme Herausforderung für Ihr Kind und Sie dar.

 

Liegt zusätzlich eine Lese- und/oder Rechtschreibstörung (LRS) vor:

 

Rechenstörung und LRS werden von Schulbehörden bisher noch nicht als gleichwertig eingestuft. Für eine LRS gibt es bislang erfahrungsgemäß mehr Förderangebote, auch erhalten Kinder in der Schule mehr Unterstützung. Wenn Ihr Kind zusätzlich von LRS betroffen ist, sollten Sie Unterstützung in der Schule und bei Vorliegen einer gesellschaftlichen Teilhabebeeinträchtigung (Paragraph 35a SGB VIII) auch beim Jugendamt beantragen. Die Schritte sind die gleichen wie bei einer Rechenstörung.

 

Falls eine Finanzierung durch das Jugendamt vorliegt, wird die Anzahl an Lerntherapiestunden nicht automatisch erhöht, wenn zusätzlich zur Rechenstörung eine LRS vorliegt. Es wird meist pauschal eine Anzahl an Therapiestunden genehmigt, die dann zwischen der Rechenstörung und der LRS aufzuteilen ist.

 

Liegen zusätzlich eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder andere Störungen (z. B. Angststörung) vor:

 

Für die therapeutische Behandlung psychischer Störungen übernimmt die Krankenkasse die Behandlungskosten. Abzuklären ist in diesem Zusammenhang, ob weitere Störungen aufgrund der Rechenstörung entstanden sind oder davon unabhängig sind. Eine ADHS ist beispielsweise meist unabhängig von der Rechenstörung. Anders verhält es sich, wenn Ihr Kind mit einer Rechenstörung eine spezifische Angst vor Mathematik entwickelt, was sich zu einer allgemeinen Schul- und Prüfungsangst weiterentwickeln kann.

 

Förderschwerpunkte setzen:

 

Hat ein Kind mehrere Probleme, so ist es sinnvoll, wenn Lehrkräfte in Absprache mit der Lerntherapeutin oder dem Lerntherapeuten klare Förderschwerpunkte setzen. Entscheidend ist dabei immer, was das Kind am meisten braucht, und wo eventuell schulische Unterstützung ausreicht.

  • Das wichtigste Ziel einer Förderung ist daher: Ihr Kind soll einerseits nicht zurückbleiben aber andererseits nicht die Freude an der Schule verlieren. Sie sollten daher nicht versuchen, alles gleichzeitig zu verbessern, nur damit gute Noten erzielt werden. Ihr Kind hat nur begrenzte Ressourcen und verweigert möglicherweise bei zu viel Förderung jede weitere Therapie.

 

Hat Ihr Kind neben einer Rechenstörung auch noch eine LRS, so sollte im besten Falle beides in gleichem Umfang in einer Lerntherapie gefördert werden. Am besten findet eine solche Lerntherapie auch bei dem oder der gleichen Therapeutin oder dem gleichen Therapeuten statt. Da eine gute Lesekompetenz auch für das Rechnen wichtig ist, profitiert Ihr Kind von einer kombinierten Lerntherapie. Vermeiden Sie daher im besten Falle auch Kombinationen wie „Lerntherapie für die Rechenstörung“ und „Nachhilfe für die LRS“.

 

Liegen bei Ihrem Kind neben der Rechenstörung noch emotionale Belastungen oder eine ADHS vor, so wägen Sie gemeinsam mit der Lehrkraft, Lerntherapeutin oder Lerntherapeut und dem behandelnden Arzt ab, wo derzeit der Förderschwerpunkt zu setzen ist. Dies ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Bei manchen Kindern ist die ADHS so stark ausgeprägt, dass diese erst behandelt werden muss, bevor überhaupt mit der der Lerntherapie begonnen werden kann. Andere Kinder profitieren von einer kombinierten Therapie (z. B. Lerntherapie + ADHS-Therapie).

Wie kann ich als Elternteil mein Kind unterstützen?

Die Rolle der Eltern

 

Hat Ihr Kind eine Rechenstörung, können Sie Ihr Kind unterstützen und ihm helfen:

 

  • Kind emotional stützen und begleiten: Sie bauen Ihr Kind bei schlechten Noten und Misserfolgen auf. Ebenso loben Sie Ihr Kind bei noch so kleinen (und hart erarbeiteten) Lernerfolgen und motivieren es, weiter zu lernen. Ihr Kind sollte, trotz schlechter Noten, Rechenstörung und Lerntherapie nicht die Lust am Lernen und den Spaß in der Schule verlieren. Das Thema „Mathematik“ wird wahrscheinlich zu Hause eine wichtige Rolle spielen, jedoch soll sich der Alltag nicht nur darum drehen. Sie zeigen Ihrem Kind, dass es viele Sachen abseits der Mathematik gibt, die es mühelos kann oder wo es Dinge genauso schnell oder schneller lernt als andere. Hobbys, die Ihr Kind begeistern, sind dafür sehr gut und sollten von Ihnen bestmöglich unterstützt werden. Ihr Kind bekommt so das Gefühl, etwas erreichen zu können (siehe Selbstwert). Das wiederum wirkt sich positiv auf die Schule und die Lerntherapie aus.

  • Zwischen Schule und Lerntherapeutin oder Lerntherapeut (und evtl. Jugendamt) vermitteln: Der Austausch zwischen diesen Parteien ist wichtig. Sie können hier als Schnittstelle alle darüber informieren, welche Probleme Ihr Kind derzeit hat, welche Förderung es erhält und welche Fortschritte es zeigt.

Informieren und Vernetzen

 

Sie können sich beim Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e.V. (BVL) beraten lassen. Der BVL ist ein Verband für Eltern und Betroffene. Er informiert über Rechenstörung sowie LRS und berät bei der Durchsetzung von Fördermaßnahmen. Gleichzeitig können sich Betroffene vernetzen.

Zusätzliche Förderung zu Hause

 

  • Erhält Ihr Kind eine Lerntherapie und gegebenenfalls noch eine Förderung in der Schule, so sollten Sie von weiterer Förderung zu Hause absehen. Oft möchten sich Eltern ebenfalls an der Förderung beteiligen und Ihrem Kind damit helfen. Jedoch ist dies nicht immer ratsam. Zum einen haben die meisten Eltern nicht das Fachwissen, um eine Förderung effektiv zu gestalten. Zum anderen herrscht zwischen Eltern und Kind nicht die für die Wirksamkeit der Förderung erforderliche professionelle Distanz. Lernprobleme können so schnell in Streit übergehen und das Familienleben unnötig belasten. Auch darf nie vergessen werden: Kinder sollen auch Kinder sein. Sie sollen spielen, Spaß haben und Neues entdecken. Vor allem brauchen sie auch Pausen und können nicht so viel Leistung abrufen wie Erwachsene. Schaffen Sie daher für ihr Kind den Raum sich zu erholen und Kraft zu tanken.

 

Eine Ausnahme ist selbstverständlich, wenn Sie von der Lerntherapeutin oder dem Lerntherapeuten kleine Hausaufgaben erhalten, um Inhalte der Therapie zu festigen oder Ihr Kind von sich aus mitteilt, dass es zu Hause noch etwas üben möchte und Sie ausreichend Zeit und Ressourcen dafür haben. Hierfür gibt es Förderprogramme, die Eltern anleiten, ihr Kind zu Hause zu fördern (Förderprogramme für zu Hause). Es gibt in den letzten Jahren sehr gut konzipierte Rechenförderprogramme, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist, und die ihr Kind zuhause allein am PC oder Tablet durchführen kann. Eine Übersicht gibt es hier (Übersicht computerbasierte Förderprogramme Rechenstörung). Außerdem ist es sinnvoll, den Umgang mit Zahlen und Mengen im Alltag zu trainieren, beispielsweise durch Abwiegen von Mengen beim Backen oder beim Bezahlen an der Kasse.

 

Weitere Informationen darüber, wie Sie Ihr Kind unterstützen können und auch dazu, wie Sie dabei auf sich selbst achten können, finden Sie hier im Elterncoaching.

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